Winter

INSZENIERTE MUSIK UND INSTALLATION

Frei nach Franz Schuberts Winterreise
Der WINTER ist da. Man spürt ihn in den Wohnzimmern und Strassen Deutschlands als neue soziale Kälte aufziehen. Schuberts einsamer Wanderer ist seit 200 Jahren unterwegs. Er begegnet uns in elektro-akustischen Klanglandschaften, Videoprojektionen und Textcollagen.

Uraufführung / 9.3.2017
HochX Theater und Live Art / München

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WINTER ist eine musikalisch-szenische Meditation über Verlust, Einsamkeit und den Moment, der bestimmt, ob ein Befund in Resignation umschlägt oder einen Neustart bewirken kann. Inspirationsquelle ist Franz Schuberts Winterreise von 1827. Mit den Mitteln der Neuen Musik, der Experimentellen Musik und der zeitgenössischen Videokunst spürt ein spartenübergreifendes Ensemble der beklemmenden Erfahrungswelt des lyrischen Ichs in einem der berühmtesten musikalischen Zeitzeugnisse der Romantik nach. Hält der rastlose Stillstand, den die Figur des „Wanderers“ in der „Winterreise“ beklagt, etwa bis heute an? WINTER ist physische Musik. Mitschwingende Bässe und Rhythmen, die sich tief in die Magengrube wühlen, wechseln sich ab mit Klängen, die den Raum wie Peitschenhiebe durchschneiden. In dieser Klanglandschaft ist alles modulierbar und auch tonal bleibt kein Intervall auf dem anderen. Elektro-akustische Klangflächen, Gitarrensounds und verfremdende Live-Spiel- und Gesangstechniken sorgen für Reibung. Motivfetzen des Liedzyklus werden neu verwoben, so dass sie eine hypnotische Sogwirkung entfalten.

Flyer

Cornelia Melián Gesamtkonzept, Künstlerische Leitung, Gesang, Stimme
Marion Wörle (gamut inc Berlin) Komposition, Elektronik
Maciej Sledziecki (gamut inc Berlin) Komposition, E-Gitarre
Philip Zoubek Piano
Manuela Hartel Raum, Videokonzept
Manuela Hartel und Camenisch | Vetsch Video
Rainer Ludwig Licht
Axel Tangerding Outside Eye
Christian POGO Zach Fotos

Eine Produktion der Micro Oper München in Kooperation mit HochX Theater und Live Art. Mit freundlicher Unterstützung der Landeshauptstadt München, Kulturreferat. Gefördert durch die Kulturstiftung der Stadtsparkasse München, den Bezirk Oberbayern, die Rudolf Augstein Stiftung und Pro Helvetia.


Presse

Frei nach Schubert
„Winter“ von Cornelia Melián im Theater HochX … Schuberts einsamer Wanderer wird hier zum Sinnbild für alle Heimatlosen und Vertriebenen, während die Kamera im Hintergrund eine trostlose Straße ins Nichts hinunterrast. Nach diesem plakativen Anfang entstehen in Symbiose von Bild und Gesang zuweilen immer wieder höchst poetische Momente von starker Sogwirkung … Tobias Hell, Münchner Merkur

Nebensonnen
Die Micro Oper München schafft sich ihren eigenen Schubert … Cornelia Melián, Gründerin des unabhängigen zeitgenössischen Musikensembles Micro Oper München, sah sich aus verschiedenen Impulsen heraus mit dem Themenfeld Winter konfrontiert. Der Schmerz von Menschen auf der Flucht, der Wahnsinn globaler Selbstzerstörung, der zunehmende Mangel an Empathie sind nur drei Beispiele von vielen, die für ein aktuelles Szenario der Bedrohung stehen. Schubert mag das für seine Zeit ähnlich empfunden haben, Musik und Text jedenfalls eignen sich hervorragend, um als Ausgangspunkt für das Konzeptstück »Winter« zu dienen … »Winter« ist Inszenierung von und mit vorhandener Musik, Konstruktion, Kommentar. Es ist Winter als Kulturkonzept, Winterreise als Inspiration, ein kaltes Experiment. Ralf Dombrowsk, Münchner Feuilleton

Einfühlsam – Schuberts „Winterreise“ als Micro-Oper
Zuerst einmal erscheint die Verbindung schlüssig: die Münchner Sängerin und Künstlerin Cornelia Melián verknüpft als Projekt ihrer Micro-Oper Schuberts „Winterreise“ mit dem Leid und dem Reiseweg der heute Flüchtenden zum installativen Musiktheater „Winter“. Das Theater Hoch X wird dabei zu einem assoziativen Klangraum, in dem Fragen wie Hoffnung, Resignation, Moderne und Romantik sowie Empathie und Zynismus erhandelt werden … Schuberts Musik wird dazu vom Berliner Elektro-Duo gamut inc und dem großartigen Pianisten Philip Zoubek zu einer um die Moderne wissenden zeitgenössischen Version der Romantik verschachtelt. Zum Teil weit in die aktuelle Elektromusik hineinreichend, wurden die Lieder ihrer Liebesleid-Thematik beraubt. Das erlaubt dann letztlich ganz andere Schlüsse, als die bloße musikalische Darstellung einer resignativen Reise, respektive einer Flucht. Etwa, was die nach innen gewendete, emotionale Strömung der Romantik inhaltlich in einem politischen Kontext heutzutage bewirken kann. Die Antwort darauf ist überraschend eindeutig: „Because I’m involved in mankind“, sagt Cornelia Melián plötzlich. Und diese empathische Philanthropie wirkt als Gegenmittel zur zynischen Moderne ebenso wie als Einwand gegen nationalistischen Egoismus. Rita Argauer, Süddeutsche Zeitung